2021 TV Sendung Hessischer Rundfunk defacto
Gefährliche Heiler – sanft gegen Krebs, aggressiv gegen den Staat
Gerne veröffentlichen wir an dieser Stelle die Stellungnahme der Gesamtkonferenz deutscher Heilpraktikerverbände und Fachgesellschaften, in welcher der DVP e.V. auch vertreten ist, zu o.g. Fernehsendung des Hessischen Rundfunks.
Sehr geehrte Damen und Herren, sehr geehrter Herr Venator,
mit Interesse habe ich/wir den unter
abrufbaren Beitrag gesehen. Die Gesamtkonferenz Deutscher Heilpraktikerverbände und Fachgesellschaften teilt ohne Einschränkung die in dem Film zum Ausdruck kommende Verurteilung der unverantwortlichen Praktiken des „Heilers“ Bernd Joschko. Darüber hinaus sind nach unserer Auffassung die in dem Film dargestellten Sitzungen als Ausübung der Heilkunde einzustufen, auch wenn Herr Joschko auf seinen Internetseiten versucht, den Eindruck zu erwecken, dies sei nicht der Fall. Da Herr Joschko mehrfach betont, weder Arzt noch Heilpraktiker zu sein, verstößt er mit diesen Sitzungen gegen das Heilpraktikergesetz und macht sich somit strafbar.
Es ist für uns allerdings nicht nachvollziehbar und akzeptabel, dass in der Sendung und auch schon in dem anmoderierenden Text auf der dazugehörenden Internetseite Heilpraktiker in die Nähe solcher „Heiler“ wie Herrn Joschko gerückt werden. Zitat:
„Heiler und Heilpraktiker bieten Therapien gegen Migräne oder Tinnitus an, manche aber auch gegen Krebs. Das ist gefährlich, denn sie versprechen Heilung und raten oft von lebensrettenden Behandlungen ab. Während der Corona-Pandemie haben sich einige von ihnen zu Gruppen wie den Querdenkern zusammengeschlossen, um gegen den Staat zu demonstrieren. Manche rufen sogar zum Umsturz auf.“
Es entspricht nicht den Tatsachen und ist diffamierend, wenn Heilpraktikern unterstellt wird, sie würden oft von lebensrettenden Behandlungen abraten. Die wenigen bekannten Gegenbeispiele, die keineswegs bagatellisiert werden sollen, rechtfertigen eine derartige Behauptung nicht!
Auch der Einzelfall „Tamara K.“ kann bei ernsthafter Betrachtung nicht die Grundlage dafür sein, einer nennenswerten Anzahl der etwa 47.000 in Deutschland tätigen Heilpraktikerinnen und Heilpraktikern als Querdenker oder sogar als staatsfeindlich zu diskreditieren. Gerade in einer Sendung, die das wissenschaftliche Denken und Handeln einfordert, wären an dieser Stelle Belege sehr zu wünschen gewesen. Dies gilt im Übrigen auch für die Ausführungen von Frau Pösl, die zwar von bedrohlichen Tendenzen spricht, aber keinerlei Fakten oder Zahlen nennt, die einzuordnen wären.
Wir sehen mit Sorge, dass auch in dieser Sendung die Polarisierung zwischen der konventionellen, wissenschaftlich anerkannten Medizin (sog. „Schulmedizin“) und komplementären Heilmethoden weiter vorangetrieben wird. Pauschal werden „alternative“ Heilverfahren mit den fragwürdigen Methoden unqualifizierter „Heiler“ gleichgesetzt, die „Beschäftigung mit Homöopathie“ als tendenziell wissenschaftsfeindlich dargestellt, und Professor Ernst Raum gegeben, völlig undifferenziert allen naturheilkundlichen Verfahren die Wirksamkeit abzusprechen. Wir halten es im Sinne einer sorgfältigen journalistischen Recherche und einer ausgewogenen Berichterstattung für notwendig, auch der von Ihnen angegriffenen Seite Gelegenheit zu geben, sich zu äußern.
Um einige Beispiele zu nennen:
Warum kommt in der Sendung kein Vertreter eines Heilpraktikerverbandes zu Wort, um zu den Unterstellungen und Vorwürfen Stellung nehmen zu können?
Warum wird nicht erwähnt, dass sich z.B. die Gesamtkonferenz Deutscher Heilpraktikerverbände und Fachgesellschaften unter
https://www.gesamtkonferenz-heilpraktiker.de/heilpraktiker-sind-bunt-nicht-braun/
unmissverständlich von dem rassistischen, antisemitischen, rechtsradikalen Gedankengut distanziert, in dessen Nähe Ihre Sendung Heilpraktiker rückt?
Warum erwähnen Sie nicht, dass Tamara K. nach den Vorfällen in Berlin aus ihrem Berufsverband ausgeschlossen wurde?
Wie beurteilen Sie die Ausführungen des Antisemitismusbeauftragen der Bundesregierung unter https://www.bdh-online.de/heilpraktiker-sind-keine-antisemiten-und-rechtsextreme/ ?
In Ihrer 45 Minuten dauernden Sendung werden Heilpraktiker (in der Gestalt von Tamara K.) vielleicht eine Minute explizit erwähnt. Der Rest des Films beschäftigt sich vor allem mit dem „Heiler“ Bernd Joschko.
Wir bitten Sie dringend, zumindest den Moderationstext auf den zur Sendung gehörenden Internetseiten so zu ändern, dass Heilpraktikerinnen und Heilpraktiker nicht diffamiert und in die Nähe zu „Heilern“ wie Bernd Joschko gerückt werden. Da der Film sich fast ausschließlich auf ihn bezieht, halten wir es für angemessen, in dem Moderationstext Heilpraktiker nicht zu erwähnen.
Wir sind gerne bereit, mit Ihnen in einen weiterführenden Dialog zu treten.
Mit freundlichen Grüßen
Elvira Bierbach & Christian Blumbach
Sprecherteam Gesamtkonferenz Deutscher Heilpraktikerverbände & Fachgesellschaften